Pressetext


Ausstellung: Brigitte Zieger COUNTER-MEMORIES
V
ernissage: Freitag, den 27. April 2012, 18.00 – 21.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 28. April 2012 – 30. Juni 2012
Offen während des Berlin Gallery Weekend: Samstag und Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr
Charlottenstr. 3, 10969 Berlin, U6 Kochstraße


Die Heinz-Martin Weigand Gallery freut sich, als erste Ausstellung in der Berliner Galerie Arbeiten der Künstlerin Brigitte Zieger zu präsentieren.


Brigitte Zieger entwickelt ein Werk, das auf subtile Weise ästhetische Formen und dekorative Muster unterläuft. Sie greift bei der Ausführung ihrer Arbeiten auf vielfältige Medien wie Zeichnung, Cut-outs, Video und Skulptur zurück. Erscheinen ihre Arbeiten anfänglich ideal harmonisch, so löst sich diese Wahrnehmung bei genauerer Betrachtung langsam auf – es lauern überall versteckte Sprengladungen.


Die Künstlerin arbeitet nach Ereignissen aus dem Weltgeschehen, wie es durch die Medien wahrgenommen und transportiert wird. Aus dem Internet, aus Pressebildern von Zeitungen und Fernsehnachrichten sammelt sie Motive, die sie in ihre vielfältigen “Displays” einarbeitet.


Deren Sichtbarkeit ist von unterschiedlicher Intensität, die Wahrnehmungsprozesse beim Betrachter laufen in verschiedenen Geschwindigkeiten ab.


In ihrem skulpturalen Werk, den “Anonymen Skulpturen” ruhen schwarze, lebensgroße Figuren auf weißen Sockeln in harmlosen alltäglichen Posen. Auf eine seltsame Weise erscheinen sie uns vertraut, wohl bekannt, denn es handelt sich um Personen aus den Medien – vielfach abgebildet in der Presse. Helden, wie der “Tank Man”, der sich einer Kolonne von Panzern auf dem Platz Tian´anmen in Peking entgegenstellt, oder die junge Frau, die einem Soldaten eine Blume hinstreckt. An diesem kollektiven Gedächtnis orientiert sich Zieger bei der Auswahl ihrer Protagonisten.


Geht man um die Skulpturen herum, entpuppt sich, dass die Skulpturen hohl sind, lediglich halb ausgearbeitet. Sie scheinen den Betrachter auffordern zu wollen, sich an ihrer Stelle zu platzieren, und übernehmen somit eine an unsere Empathie appellierende Platzhalterfunktion, die eigenen Handlungsmöglichkeiten im Alltag zu überprüfen.

Die Arbeiten von Brigitte Zieger hinterfragen jedoch auch Kunstformen, die der Geschichte gewidmet sind, wie Denkmähler oder auch letztlich das Bas-Relief. Brigitte Zieger wählt Ereignis-Bilder aus, die sie reproduziert, und deren Gedächtnis sie aktiviert, in einem anderen Feld als der offiziellen Geschichte neubelebt, denn es handelt sich um Figuren des Widerstands.


Der “Schlafende Motoradfahrer” entstand aus einem Foto aus Woodstock, das seinerzeit sehr berühmt war. Mit diesen diskreten Denkmälern befragt Brigitte Zieger unsere Gegenwart, denn mit den aus ihrem Kontext gerissenen Bildskulpturen kann der Betrachter auch seine eigenen utopischen Fähigkeiten eruieren und ermessen, wie wohl diese Aktivisten in der Gegenwart funktionieren würden.


Die großformatigen Zeichnungen “Eye Dust” zeugen nicht einfach von einer klassischen Schönheit, obwohl sie durchaus als eine solche Geste angelegt sind. Die schimmernde Oberfläche wirkt verlockend, sie besteht aus Lidschatten, betörend weiblich, aber auch bedrohlich in ihrer Nähe zu metallischem Glanz, wie Munition und Waffen ihn haben können.


Gezeichnet sind üppige Wolkenformationen, die sich bei genauer Betrachtung als Explosionen, Rauchentwicklungen und Bombenabwürfe herausstellen. Auch sie sind in ihrer speziellen Ausformung alle medialgeschichtlich einzuordnen, in ihrer Abbildung allerdings isoliert von ihrem ursprünglichen Kontext, so dass sie formal auf der Ebene des reinen physikalischen Phänomens bleiben.


Die inhaltliche Rekonstruktion leistet wiederum – mehr oder weniger bewusst – der Betrachter.


Brigitte Zieger wurde 1959 in Deutschland geboren und lebt und arbeitet seit 1979 in Paris. Ihre Arbeiten wurden international in vielen Ausstellungen gezeigt und befinden sich u.A. in den Sammlungen der Deutschen Bank und des MoMA in New York. Zu ihrem Werk sind zahlreiche Publikationen erschienen