Pressetext zur Ausstellung poststructure.


Ausstellungseröffnung: Freitag, 14. September 2012, 18 – 22 Uhr.


Geöffnet bereits ab 11. September anlässlich der Berlin Art Week


täglich von 11 bis 18 Uhr bis 16. September.


Ausstellungsdauer: bis 24. Oktober 2012.


 


Paradise Cafe. Property For Sale


poststructure von Josef Schulz


poststructure: Montgomery #12, 2012, C-Print, 125 x 154,2 cmVerlassene Häuser besitzen einen ganz eigenen Charme. Im krassen Gegensatz zu bewohnten ist in ihnen das Leben ausgezogen, gleichwohl spürbar. In unserer Vorstellung von gelebtem Leben bleibt es als Erinnerung präsent. Verlassene Industriebrachen atmen ebenfalls den Hauch der Arbeit und der Produktion. In diesen neuen Orten der Stille ist sozusagen der alte Sound der Arbeit hörbar. Bei Bürohäusern oder Ladenlokalen ist dies sehr ähnlich. Irgendwann waren diese Stätten Hoffnungsräume eines florierenden Business, einer Geschäftsidee oder einer Dienstleistung und von vielen Menschen frequentiert.


Der Düsseldorfer Künstler Josef Schulz hat sich schon immer für Orte des Transitorischen und der Transformation interessiert und fotografisch ihr altes oder internes Leben an die Oberfläche des Sichtbaren geholt und erfahrbar gemacht.

Sein Hauptaugenmerk  liegt zwischen dem Wie es war und dem Wie es ist. 


poststructure: Atlanta #27, 2012, C-Print, 125 x 153,4 cm


In seiner neuesten Serie hat er sich auf die Suche nach solchen Gebäuden in den Vereinigten Staaten gemacht. Er fotografierte in seiner typisch neu-sachlichen Manier die verlassenen, leer stehenden und gleichwohl meist völlig verschlossenen, versperrten Gebäude von Geschäften, Imbißbuden, Tankstellen oder Supermärkten.
Sehr häufig aber ist nicht mehr der ursprüngliche Zweck oder Inhaber und die Funktion des Gebäudes zu erkennen. Gerade dann entsteht so etwas wie eine Projektionsfläche in unseren Köpfen oder an einem Filmset, in dem die wunderbar banal bis surreal anmutenden Architekturen mit einer Aura oder einer Identität aufgeladen sind. Wir versuchen uns dem frei stehenden Gebäude von allen Seiten anzunähern und die Spuren der vormals belebten Nutzung im toten Haus neu zu aktivieren.


Die Aufnahmen von Josef Schulz sind somit auch vom Verlust und von Aufgabe geprägt. Hier ist etwas gescheitert, dessen Ursprung verborgen bleibt und dessen Kontext die Fotografien ganz bewußt ausklammern. Amerika als “das Land der unbegrenzten Möglichkeiten” ist Vergangenheit und unbegrenzte Unmöglichkeiten sind genauso zeitgemäß wie die große Überschuldung der Amerikaner. In jedem Anfang wohnt ein Ende inne und in jedem Scheitern eine bizarre Form der Ruine. Insofern sind die Fotografien der Poststructure-Serie beredte Beispiele von ferner, schöner Traurigkeit und gleichsam vom Grundzug deutscher Romantik und Melancholie getragen. Paradise Cafe. Property For Sale.


Text: Gregor Jansen


Josef Schulz (* 19. März 1966 in Biskupiec) ist einer der international bedeutenden deutschen Fotografen und Fotokünstler der Nachfolgegeneration von Bernd Becher und Thomas Ruff. Er studierte von 1993 bis 1999 an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Bernd Becher und von 1999 bis 2001 bei Thomas Ruff, dessen Meisterschüler er war. Er lebt und arbeitet in Düsseldorf.


Gregor Jansen (* 1965 in Nettetal) ist ein deutscher Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher. Seit Januar 2010 ist er Leiter der Kunsthalle Düsseldorf.