Die Fotokünstlerin Mona Breede thematisiert in ihren Arbeiten die Großstadt und den Menschen im urbanen Raum – seine Beschäftigung, seine Bewegungen und seine Begegnungen.


In der Ausstellung How long is now mit Arbeiten aus den Jahren 2010 bis 2011 erscheint die menschliche Existenz manchmal fragil in der architektonischen Umgebung, wirkt im Verhältnis zur Architektur klein, verloren und wie erdrückt von einer steinernen Kulisse.
Mona Breede zeigt uns ihre Sicht der Dinge. Die scheinbar dokumentarischen Aufnahmen entpuppen sich als sorgfältig komponierte Tableaus, die sich aus einer Vielzahl von einzelnen Bildfragmenten zusammensetzen. Wir haben es nicht mehr mit einem fotografischen Bild zu tun, sondern mit einer Vielzahl von Bildern und auch nicht mehr mit einem Aufnahmezeitpunkt, sondern mit mehreren. Ihre Arbeiten sind somit mehrdimensional in Raum und Zeit.
Mit ihrer Arbeitsweise der digitalen Montage reiht sich Mona Breede in eine Richtung der zeitgenössischen künstlerischen Fotografie ein, für die Fotografen wie Andreas Gursky, Beate Gütschow, Josef Schulz, Oliver Boberg und andere stehen. Die Künstlerin nennt ihre Bilder “Stadtchoreographien” und unterstreicht damit den inszenierten und bühnenhaften Aspekt. Dies wird sowohl durch die Auswahl des Aufnahmeortes – oft Plätze und Straßenkreuzungen -, als auch durch die akzentuierende Lichtsituation betont. Es handelt sich nicht um zufällige Begegnungen, wie sie im Alltag häufig vorkommen, sondern um von der Künstlerin arrangiertes Geschehen. Ihre Inszenierungen sind verdichtete Aussagen über das Befinden und Empfinden der Gesellschaft.


Der Titel der Ausstellung How long is now ist einem Bild aus der Werkgruppe der Berliner Mauerpanoramen entliehen. “Mauern als Symbole für Trennung und Abgrenzung wie als gestalterisches Element durchziehen das Werk von Mona Breede schon seit vielen Jahren. (…) Die Berliner Mauer – untrennbar mit der Geschichte Deutschlands verbunden – ist in den Panoramen von Mona Breede nur noch Reminiszenz, historische Folie und Resonanzraum für die weitergehenden Betrachtungen über die Mauern und Konfliktpotentiale, die sich in einer Gesellschaft auftun, die mit vielfältigen sozialen und politischen Umbrüchen konfrontiert ist und deren Grundwerte fragwürdig geworden sind. Formal setzen sich die Panoramen aus vielen, einzelnen Bildfragmenten zusammen, in denen neben verschiedenen Personenkonstellationen und Architekturen in reichem Maße Bildzitate wie Graffitis, Häuserbemalungen oder Werbetafeln verwendet werden. Das Zusammenwirken dieser verschiedenen Bildebenen und semantischen Verweise ergibt ein komplexes und vieldeutiges Bild der Realität.” (Dr. Peter Dittmar, 2010)

Lässt sich bei den Mauerpanoramen der Entstehungs- und Bezugsort noch eindeutig identifizieren, verunklärt sich die topografische Bestimmtheit bei den Schwarz-Weiß Fotografien der Serie “Projections” zunehmend. Die Bilder zeigen Menschen meistens vereinzelt und auffallend in sich gekehrt. Der Künstlerin geht es darum, das Innenleben der Menschen, ihre Wünsche, Hoffnungen und Ängste, die wie unausgesprochene Gedanken in den Hintergrund projiziert werden, darzustellen. Um die feinen Risse in der menschlichen Befindlichkeit auszudrücken, arbeitet sie mit deutlicheren Verfremdungen als es bisher der Fall war und visualisiert dadurch noch stärker die sie interessierenden existenziellen Fragestellungen. Hinter und auf den großstädtischen Architekturfassaden erscheinen halbtransparente Projektionen, welche sich wie eine zweite Ebene über den Bildraum legen und dem Ganzen eine neue Bedeutungsebene verleihen. Der Verzicht auf Farbe betont den traumhaften und surrealen Aspekt der Szenen. Er verleiht den Bildern ein Moment der Zeitlosigkeit und ihrer Aussage den Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Durch die den Arbeiten neue Dimension der Verfremdung, nämlich der Eingriff in die architektonische Umgebung, entsteht eine Traumwelt, die eine Art Gegenentwurf zur realen urbanen Umgebung darstellt und die Ausdruck der Sehnsucht nach einer anderen Lebenswirklichkeit ist.


Katharina Bosch, M.A., 2011